Menschen | 30. Oktober 2022 | Daniel Adler
Sören Michelsburg im Interview
Sören Michelsburg wirbt mit dem Spruch „Heidelberg kann smarter“ für eure Stimme bei der diesjährigen Oberbürgermeisterwahl. Der leidenschaftliche Triathlet und Fußballfan ist bereits seit 2018 Kreisvorsitzender der SPD Heidelberg und ist nun bereit für die nächste große Herausforderung. Um mich selbst von seinen smarten Ideen zu überzeugen, treffe ich Sören Michelsburg in seinem Wahlbüro. Wir sprechen über seine Idee eines Klimabürger:innenrats, über Seilbahnen und den Lehrerberuf.
Hallo Herr Michelsburg! Eine „Aufwärmfrage“ zu allererst. Die kalte Jahreszeit kommt: Lieber Glühwein oder Tee?
Lieber Glühwein. [Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen.]
Apropos warme Getränke: Müssen wir wegen der Energiekrise bald kollektiv frieren in Heidelberg?
Nein. Wir haben noch einiges an Einsparpotenzial, das heißt aber nicht, dass man frieren muss. Wir sind auch von der Energieversorgung her recht gut aufgestellt. Jetzt geht es darum, dass Gebiete, die noch mit Gas oder Öl versorgt werden, schnellstmöglich saniert werden. Je mehr erneuerbare Energien, desto besser.
Der Studentenwohnpreisindex zog in Heidelberg dieses Jahr um 11,8% an (MLP). Wie wollen Sie bezahlbaren Wohnraum schaffen?
Wenn man sich den Index anschaut, ist die Durchschnittsmiete höher, als bei 95% der Wohnungen vom Studierendenwerk. Das heißt wir müssen mit dem Studierendenwerk neuen Wohnraum schaffen, da das preiswerter ist. […] Ganz konkret haben wir auch für das Neuenheimer Feld neuen Wohnraum beschlossen: Circa zweitausend neue, preiswerte Zimmer. Das würde ich gerne in den nächsten acht Jahren umsetzen.
Was junge Leute auch interessiert: Heidelberg hat kaum ein Nachtleben– Gedenken Sie, das zu ändern? Wie möchten Sie die Stadt sonst noch attraktiver für junge Leute gestalten?
Ich kenne das Problem noch aus meiner Studienzeit. Man konnte früher jedoch überall unter 10€ feiern gehen– das gibt es heute kaum noch. Deshalb müssen wir als Stadt Räume bieten, bzw. schauen, dass in den verpachteten Locations Angebote für junge Menschen gemacht werden.
Ich möchte hier ganz konkret das alte Karlstorbahnhof-Gelände zu einem selbstverwalteten Jugendkulturzentrum umfunktionieren. Damit hätten wir eine Location in Altstadtnähe, würden aber auch den Druck aus der Unteren Straße nehmen.
Anhand des 9-Euro-Tickets konnte man sehen, wie dankbar viele Menschen eine finanzielle Entlastung annehmen. Was planen Sie für das Heidelberger ÖPNV-Angebot?
Es wird ja bald ein vom Bund beschlossenes, landesweites 49€-Ticket geben. Auf Landesebene kommt bald das Jugendticket für 29€ im Monat. Ich würde gerne für das VRN-Gebiet zusätzlich ein 9€-Ticket für junge Menschen etablieren und dieses dann gleichzeitig mit den anderen einführen. Sodass die, die sich die anderen beiden Tickets nicht leisten können, noch dieses zur Auswahl haben. Das Angebot würde dann auch Studierende und Auszubildende einschließen.
ÖPNV mal anders: Sie haben eine Seilbahn zwischen dem Neuenheimer Feld und dem S-Bahnhof Pfaffengrund-Wieblingen geplant. Wie kommen sie darauf?
Das Problem ist, dass wir 70% Pendler in Heidelberg haben. Die meisten davon kommen aus dem Westen, deshalb wir im Neuenheimer Feld jetzt schon Probleme haben, den Verkehr zu bewältigen. Wenn wir das Neuenheimer Feld jetzt noch weiter ausbauen, müssen wir auch das größere Verkehrsaufkommen bewältigen. Dafür ist eine Seilbahn super geeignet, da sie über Hindernisse (Neckar, Autobahn,..) hinweg schweben kann.
Ich kann mir gut vorstellen, das Konzept beispielsweise auch auf das Patrick-Henry-Village auszuweiten. Eine Seilbahn ist übrigens halb so teuer, wie eine Straßenbahn.
Das klingt nach einer innovativen Idee! Wie kommt man eigentlich generell vom Schuldienst zur Kommunalpolitik?
Ich habe Politikwissenschaft studiert in Heidelberg und ich bin Politik- und Gemeinschaftskundelehrer. Ich habe mich also schon immer für Politik interessiert und war politisch engagiert.
Würden Sie den Lehrerberuf nicht vermissen?
Sicherlich an dem einen oder anderen Tag. Aber ich brenne für die Kommunalpolitik und würde es bestimmt sehr genießen, den Job als Bürgermeister auszuführen.
Als Oberbürgermeister:in fällt man in Heidelberg in die Besoldungsgruppe B9, d.h. 12.135,89 Euro pro Monat. Ist das eine Motivation, das Amt auszuüben?
Nein (lacht). Das Geld spielt da keine Rolle. Es geht darum, dass man für die Kommunalpolitik brennt und das tue ich. Deshalb kandidiere ich.
Rechnen Sie sich bei dieser Wahl gute Chancen aus?
Ja. Heidelberg ist die jüngste Stadt Deutschlands. Man sieht, dass es einen richtigen Wechsel geben sollte und dass ich konkrete Lösungen habe, die Heidelberg voranbringen können. Ich bin in den wichtigsten Ausschüssen und im Gemeinderat seit 2019. Ich sehe, was falsch läuft und sehe, was wir besser machen können und müssen. Das würde ich gerne tun.
Wenn Sie drei Wünsche für Heidelberg frei hätten, was würden Sie sich wünschen?
Bezahlbaren Wohnraum für junge Familien. Eine Lösung für den Verkehr, sodass es weniger Pendelverkehr gibt. Und ich würde mir wünschen, dass alle Menschen, die wollen, in Heidelberg leben können und sich beteiligen können.
Sie wollen einen „Klimabürger:innenrat“ zur Diskussion von Klimafragen einführen. Dürfte ich da auch mitmachen?
Wenn Sie sich bewerben und dann gelost werden, auf jeden Fall.
Das Problem ist: Wir alle wollen so schnell wie möglich klimaneutral werden. Ich habe das Ziel bis 2030. Dafür brauchen wir aber einen gesellschaftlichen Konsens. Ich kriege im Gemeinderat immer wieder mit, dass wenn jemandem etwas „weggenommen“ wird, es Gegenwind gibt. Auch wenn es sich um notwendige Maßnahmen zum Schutz des Klimas handelt. Wenn wir jetzt aber die Entscheidung aus dem Gemeinderat raus nehmen und sie an die Gesellschaft weitergeben, könnten wir dieses Problem lösen. Dieser Klimarat soll dann ein Querschnitt der Gesellschaft sein: Junge, Alte, Arme, Reiche, Menschen aus allen Stadtteilen, Unternehmer, Alleinerziehende, etc. Diese ganzen Menschen sollen Teil einer Gruppe sein, die dann die Möglichkeit haben wird, sich alle sechs Monate mit Experten und Expertinnen zusammenzusetzen, um wichtige Klimafragen zu diskutieren. So können wir schnellstmöglich vorankommen.
Alles klar, dann vielen Dank für die interessanten Einblicke Herr Michelsburg!
von Daniel Adler